Listenhunde – Faktencheck­

Was sind Listenhunde?

Jeder hat diese Begriffe schon mal gehört: „Kampfhunde“ oder „Gefahrhunde“. Dahinter verbergen sich Hunde bestimmter Rassezugehörigkeiten, wie zum Beispiel American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier, Pit Bull Terrier, Bullterrier sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden. Da diese Rassen in vielen Bundesländern auf Listen stehen, weil sie entweder gar nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen gehalten werden dürfen, werden sie auch „Listenhunde“ genannt. Für die Einfuhr von Hunden dieser Rassen besteht eine bundeseinheitliche Regelung, das „Gesetz zur Bekämpfung gefährlicher Hunde“. Diese Regelung gilt aber auch für Mischlinge, also die Kreuzungen mit diesen Rassen. Demnach ist es grundsätzlich verboten, diese Tiere aus dem Ausland nach Deutschland zu importieren. Die besonderen Vorgaben zur Gefahrenabwehr werden jedoch über spezielle Gesetze beziehungsweise Verordnungen geregelt und sind Ländersache. Dabei hat jedes Bundesland seine eigenen Regelungen zur Hundehaltung: Ob überhaupt und welche Rassen pauschal als gefährlich gelten, ist also von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich.

In einigen Bundesländern werden die Listenhunde in zwei Kategorien eingeteilt. In Bayern zum Beispiel werden den Rassen aus der Kategorie 1 Aggressivität und Gefährlichkeit unwiderlegbar unterstellt. Bei den Rassen aus der Kategorie 2 wird eine Gefährlichkeit vermutet, diese kann das Hund-Halter-Gespann jedoch durch einen Wesenstest oder ein behördliches Gutachten widerlegen.

Indem Behörden die Hunde solchen Listen zuordnen, stellen sie all diese Tiere unter Generalverdacht – auch die Mehrzahl der freundlichen Familienhunde unter ihnen. Zudem ist es skurril, dass in diesen Listen der Pit Bull Terrier als Rasse aufgeführt wird. Dabei handelt es sich bei ihm noch nicht einmal um eine anerkannte Rasse, sondern nur um den Überbegriff für einen Hundetypus, der gar nicht näher bestimmt ist (Quelle: Der Umgang mit gefährlichen Hunden – eine Herausforderung für den Tierschutz / Katzurke X, Merle R, Thöne-Reineke C, 2020).

Schlechtes Image der Listenhunde

Listenhunde haben daher leider ein schlechtes Image: In den Medien werden Vorfälle, in die sie verwickelt sind, besonders gerne aufgegriffen und oft reißerisch dargestellt. Doch die meisten Beißvorfälle finden im privaten Umfeld mit Mischlingen und Hunden aller Rassen statt und gelangen gar nicht an die Öffentlichkeit. So entsteht ein verzerrtes Bild. Dabei sind viele Vertreter der „Listenhund“-Rassen sehr sensible Hunde. Heutzutage schätzen viele Menschen sie als Familien- und Begleithunde. Es handelt sich um sehr temperamentvolle, sportliche Hunde, die geistig und körperlich gut ausgelastet werden sollten, zum Beispiel durch Nasenarbeit und Suchspiele. Sie brauchen wie alle Hunde eine tierschutz- und hundegerechte, konsequente Erziehung.

Trotzdem stehen alle Listenhunde unter dem Generalverdacht, aggressiv und gefährlich zu sein. Wissenschaftliche Belege hierfür gibt es jedoch nicht. Denn die Rassezugehörigkeit allein ist noch lange kein Indiz für eine Gefährdung, die von einem Tier ausgeht. Diese hängt nach heutigem Wissensstand vielmehr von der Aufzucht, der Haltung, dem Umgang sowie von der Sozialisierung und der Erziehung ab. Einen Schäferhund beispielsweise können Halter genauso zu einem gefährlichen Tier abrichten wie einen American Staffordshire Terrier. Und der kann wiederum genauso freundlich sein wie ein gut sozialisierter und erzogener Labrador. Natürlich hat jede Hunderasse auch typische Rasseeigenschaften. So ist ein Terrier beispielsweise schnell erregbar und braucht daher Menschen, die ruhiges Verhalten fördern und den Hund nicht noch extra „aufdrehen“. Jedes Tier muss – unabhängig von seiner Rasse – immer individuell betrachtet werden. Kein Lebewesen hat es verdient, pauschal verurteilt zu werden.

Listenhunde – der Faktencheck

  • „Listenhunde sind gefährlich“
    Es ist nicht möglich, die Gefahr eines Hundes anhand seiner Rassezugehörigkeit pauschal einzustufen. Dies wird der überwiegenden Mehrzahl der freundlichen Hunde dieser gelisteten Rassen und vor allem den vielen Mischlingen nicht gerecht. Wie bei allen Hunden kommt es auch bei diesen Rassen auf die Zucht, Aufzucht, Sozialisation, Erziehung, die richtige Haltung und den richtigen Umgang an.
     
  • „Listen- oder sogenannte Kampfhunde haben mehr Zähne als andere Hunderassen“
    Nein, auch die Vertreter gelisteter Hunderassen haben genauso viele Zähne wie die anderer Hunderassen: Ein ausgewachsenes Tier hat 42 Zähne.
     
  • „Listenhunde werden nur von kriminellen oder unsozialen Menschen gehalten“
    Nein. Oftmals wird den Besitzern von Listenhunden nachgesagt, sie würden die Tiere nur als Statussymbol halten. Sie pauschal zu verurteilen, ist genauso falsch wie zu sagen, alle Listenhunde seien gefährlich. Tatsächlich werden Listenhunde oft als Familienhunde gehalten, da viele dieser Tiere sehr menschenbezogen sind.
     
  • „Listenhunde sind alle kinderlieb und sogenannte Nanny Dogs“
    Weil sie so familienfreundlich sind, werden manche dieser Rassen in Ländern wie England oder den USA als „Nanny Dogs“ bezeichnet. Doch Achtung: Hunde, egal welcher Rasse, und Kinder sollten generell nie unbeaufsichtigt gelassen werden. Ob sich ein Hund als Familienhund eignet oder nicht, hängt aber vor allem davon ab, wie gut er sozialisiert ist und welche Erfahrungen er bislang mit Kindern gesammelt hat.
     
  • „Alle Listenhunde sind ‚Kampfschmuser‘ oder ‚Knutschkugeln‘“ 
    Listenhunde pauschal als „Kampfschmuser“ oder „Knutschkugeln“ zu bezeichnen, ist ebenso falsch wie sie allgemein als „gefährlich“ abzustempeln. Hunde sind Individuen, deren Verhalten durch Zucht, Aufzucht, Sozialisation, Erziehung, Umgang, Haltung, Auslastung, Erfahrungen und weitere Faktoren beeinflusst wird. Leider gibt es auch heute noch skrupellose Menschen, die diese Hunde missbrauchen und illegal in Hundekämpfen einsetzen beziehungsweise zum eigenen Schutz abrichten.
     
  • „Rasselisten schützen vor Beißvorfällen“
    Jeder Biss ist einer zu viel. Die meisten Bissverletzungen könnten im Vorfeld verhindert werden. Rasselisten bieten hier jedoch keine Sicherheit. Sinnvoller und sicherer wäre es, wenn Hundehalter zunächst verpflichtend einen theoretischen Sachkundenachweis erwerben müssten, bevor sie sich einen Hund anschaffen – egal welcher Rasse. Zudem bräuchte es bundeseinheitliche Regelungen in Bezug auf Zucht, Haltung, Handel, Import. Auch große tiermedizinische Verbände wie die Bundestierärztekammer, der tierärztliche Dachverband und die Vorsitzende der Gesellschaft für Tierverhaltensmedizin und -therapie haben sich in der Vergangenheit gegen Rasselisten ausgesprochen und deren Abschaffung gefordert. Stattdessen braucht es eine Halterprüfung, durch die schnell festgestellt werden kann, ob sich der Hundehalter bereist im Vorfeld mit etwaigen Rasseeigenschaften und den Umgang mit diesen auseinander gesetzt hat. Der Halter muss entsprechend sachkundig sein, egal ob es sich um einen Golden Retriever, einen Pudel oder einen American Staffordshire Terrier handelt.

Mehr Infos zum Thema findest auch auf unserer FAQ-Seite.

Ein besonderes Dankeschön gilt Xenia Katzurke (Tierschutzverein für Berlin und Umgebung Corporation e.V.) für ihre fachliche Beratung.